Hamlet, the Prince of Denmark

"Ich möchte Sie zu der sehr gelungenen Aufführung Ihrer äußerst engagierten Schauspielgruppe beglückwünschen. Sie waren alle mitreißend. Es war sehr anregend, haben Sie Dank für Ihr Engagement und das der Truppe."


Klaus Lübbert

"Herzlichste Glückwünsche zu diesem wunderbaren Hamlet! Mir hat natürlich ganz besonders Clara gefallen, aber alle waren großartig, Rosencrantz und Guildenstern, die Schauspielertruppe, das Königspaar und nicht zuletzt Hamlet selbst. Und was für ein Kraftakt für alle Beteiligten, was die diesjährigen Rahmenbedingungen betrifft! Nochmal herzliche Glückwunsch an alle!"

 

Marianne Träger

"Das war ja ein rasanter Hamlet, fast schwindelig wurde einem bei dem Tempo, mit dem man durch die Akte reisen durfte. Verblüffend gut gemeistert, was ich bei nichtprofessionellen Schauspielern so oft bemängele: nämlich daß die technische Schwierigkeit, den Text umzusetzen, zu einer die Langeweile streifenden Betulichkeit führt. Eine tolle Leistung, von allen, vom lead bis zum comic duo. Ein mich besonders anrührender Moment: wenn nach dem ersten curtain fall die Spannung abfällt und die Freude sich hinter dem Vorhang so richtig austobt. Auf also zu neuen Ufern, zu Romeo."

 

Professor Klaus Peter Steiger, FU Berlin

"Auch wenn die Aula wegen des Deutschlandspiels (am 13.6.) diesmal nicht so rippelrappelvoll war, wie wir das bei den wunderbaren Shakespeare Players sonst gewohnt sind, kann ich Ihnen wieder nur zu dieser erneuten Glanzleistung gratulieren. Ich selber habe mich an Hamlet bislang noch nie herangetraut und war darum besonders gespannt. Spätestens als dann 'Ihr' Polonius erschien, vergaß ich alles um mich herum und staunte, dass die Pause so schnell kam, obwohl mich ein Blick auf die Uhr belehrte, dass doch schon so viel Zeit vergangen war. Die Zeit aber vergisst man über den aufregenden Leistungen der jungen Spieler, die einzeln zu erwähnen sinnlos wäre, weil sie als Ensemble eben einfach großartig sind. Ich weiß, Sie selber haben dann immer noch mal die eine oder andere kritische Bemerkung zu machen, weil Sie mit ganzer Kraft und überdimensionalem pädagogischen Eifer dabei sind, aber wer wollte als von außen Dazustoßende sich an Kleinkram festhalten, wenn das Ganze so bemerkenswert ist. Ein Bravo für Sie und alle Ihre Mitstreiter!!"

 

Hildegard Vollmer

Diesmal hatten Sie sich etwas besonders Schweres vorgenommen. Und Sie haben gewonnen. Wir sind nicht nur beeindruckt, sondern ergriffen nach Hause gegangen. Die Komödien, die ja immer das Tragische einschließen, daran haben Sie sich erprobt, und ihre eigene Handschrift entwickelt. Diese erkennt man immer wieder:
Ihre Vorarbeit, den Text durch kleinere, den Sinn nicht entstellende verbale Veränderungen bzw. Aktualisierungen verständlich zu machen, das ist sicher weitgehend das Verdienst Ihres Mannes. Beim Nachlesen des Textes fiel mir allerdings auf, dass fast alles Original Shakespeare war.
Die radikalen  Kürzungen haben Sie selber vorgenommen (den gesamten Text zu spielen, soll sechs Stunden dauern), wodurch die dramatischen Schwerpunkte deutlicher erkennbar wurden. Ihre Aufführungen wirken immer strukturiert und dynamisch, ohne ermüdende Längen. Die dramatische Spannung durchgehend zu erhalten ist Ihnen nicht nur durch die Durchgestaltung der einzelnen Szenen gelungen, in denen die Schüler durch ihr diszipliniertes Spiel den jeweiligen Spannungsbogen gestalten, sondern auch durch das Tempo, das das ganze Stück bestimmt – auch durch die phantasievoll variierte, manchmal tänzerische Schließung des Vorhangs zwischen den Szenen durch die Spieler unter Verzicht auf Einteilung durch Akte.
Und dann die Besetzung der Rollen. Da haben Sie immer den sicheren Griff.
Gerade bei Hamlet steht und fällt der Erfolg mit dem Protagonisten, möglicherweise ein bilingual aufgewachsener Brite (?). Wo haben Sie den nur gefunden? Zart, rothaarig, blass. Der von Shakespeare intendierte Hamlet war kein Jüngling mehr, sondern muss Ende zwanzig gewesen sein, denn, wie der Totengräber am Ende behauptet, habe der Schädel des königlichen Jesters, Yorick, 23 Jahre in der Erde gelegen. Da Hamlet sich aber deutlich an den Hofnarren, dessen Scherze und Liebkosungen erinnert, müsste er bei dessen Tod mindestens 4 oder 5 Jahre alt gewesen sein. Der Hamlet in dieser Aufführung aber ist ein zarter 17-jähriger Jüngling, was seine Verletzlichkeit und seine Verunsicherung durch den plötzlichen Verlust familiärer Geborgenheit besonders glaubwürdig erscheinen lässt. Dies wird besonders deutlich in den Szenen mit Mutter und Sohn. Der junge Schauspieler befindet sich in einer ständigen Anspannung, die sich in der Begegnung mit seiner Mutter in Wut steigert. In ähnlicher Weise steigert sich Hamlets abweisendes Verhalten gegenüber Ophelia, aber eher in die sarkastische, zynische Richtung. Frailty, thy name is woman, Arthur Ceremuhin schafft es, auf unterschiedliche Weise diesen beiden Frauen, die er einmal geliebt hat, seine Verachtung (der Königin) bzw. seine Enttäuschung (Ophelia) zu zeigen.
Klar arbeitet die Regie heraus, wie beide auf ihre eigene Art frail sind. Gertrude, eine erstklassige Besetzung mit Maria Canzoneri, spielt die selbstsichere, würdevolle, immer beherrscht und souverän wirkende Königin makellos, gleichzeitig auch die um ihren Sohn besorgte Mutter, die dessen Kränkungen im Gegensatz zum immer latent brutal wirkenden König - aus schlechtem Gewissen - duldet. Hamlet verurteilt sie als Ehebrecherin und eventuelle Mittäterin des Königsmörders, also ihre frailty in ethisch-moralischer Hinsicht. In Ophelias Verhalten kritisiert er ihre Willenlosigkeit, ihre Angepasstheit an eine korrumpierte Umwelt, da er durchschaut, dass sie sich von ihrem Vater im Auftrag des Königspaares benutzen lässt, um Hamlet zu testen. Dennoch gelingt es dem Hamlet-Darsteller, den Widerspruch zwischen zynischer Kälte und  enttäuschter Liebe stellenweise zu verdeutlichen.
Schön herausgearbeitet ist der Gegensatz zwischen Ophelia und ihrem Bruder Laertes dem Vater gegenüber: Ophelia gehorcht, Laertes tut dies nur scheinbar, macht sich aber deutlich lustig über die Verhaltensmaßregeln, die Polonius ihm vor seiner Reise erteilt, der diese Regeln aber selbst nicht befolgt.
Für Polonius – Jan-Robert Frank - gilt aber, was für fast alle Figuren gilt. Er ist keine Karikatur. Zwar verkörpert er mit seiner Länge, dem devot geneigten Kopf die kritiklos immer zu Diensten stehende Hofschranze, aber zugleich zeigt er manchmal eine gewisse clowneske Selbstironie, indem er vor sich hin kichert.
Claudius ist die einzige Figur in dem Stück, die das Böse rein verkörpert. Er tut dies kraftvoll und glaubhaft. Während Gertrude weiche Züge zeigt in der Begegnung mit Hamlet, offenbart Claudius in der letzten Szene, dass er sogar Gertrudes Tod in Kauf nimmt, deren Nachsicht gegenüber Hamlet ihm missfällt. Als sie versehentlich den Giftbecher nimmt, verhindert er es nicht, sondern zeigt kurz ein zähnebleckendes Grinsen.

Ein Wort zu der Schauspieltruppe: Sie haben den nötigen Comic Relief perfekt geliefert, mit kraftvoller Sportlichkeit und subtiler Ironie.

Zu Ophelia muss noch gesagt werden: Clara Helfer gibt der Ophelia ein eigenes Profil. Sie spielt nicht nur das weiche, wehrlose Mädchen, sondern auch die Reflektierende mit der nachdenklich gefalteten Stirn, und zugleich wirkt sie wie von Angst erstarrt, als ob Hamlets world out of joint sich in ihr spiegelte.
Einfach zu Herzen gehend ist sie nach der Verwandlung, als sie die Erstarrung abgeworfen hat durch die Flucht in den Wahn. Erst in dem zarten, anrührend gesungenen Abschiedslied, von Karim Yahyaoui einfühlsam komponiert, kann Ophelia ihren Gefühlen Ausdruck geben. 

Meisterhaft konfiguriert die Regisseurin auch die in Paaren auftretenden Schauspieler, die entweder konformes Verhalten ausdrücken wie die Höflinge Rosencrantz – John Bauer - und Guildenstern –Till Mahler - und die Wachleute auf der Schlossmauer oder Gegensätze, der Fragende und der Weise, wie der Totengräber und sein Assistent Will. Eine besondere Wirkung erzielt die Regie dadurch, dass zwei dieser drei Paare so gegensätzliche Konstellationen verkörpern wie die (identisch agierenden) Höflinge Rosencrantz und Guildenstern und der Gravedigger mit seinem Assistenten (welche die kontroverse Lehrer-Schüler-Position vorführen), was vielfältige Assoziationen ermöglicht.

Highlights in dieser Aufführung sind die Szenen, in denen Hamlet seinen geistigen Brüdern begegnet, den Schauspielern und dem Totengräber, der zugleich den Clown Yorick re-inkarniert (im übrigen ausgezeichnet gespielt von Till Mahler). Nur im Dialog mit diesen erscheint Hamlet heiter und entspannt, wie von einem bösen Bann befreit. Es ist eine Freude, diese atmosphärische Verwandlung in Hamlet zu erleben, welche die Erinnerung an eine heile Welt beschwört.
Erstaunlich ist es überhaupt, wie es dem Hamlet-Darsteller gelingt, die destruktive Wirkung einer aus den  Fugen geratenen Welt auf seine eigene Psyche darzustellen. Sein Wahn ist einerseits eine Flucht vor der Realität, andererseits schein sie manchmal ins Reale umzukippen. Auch erschreckt seine Gleichgültigkeit, als er versehentlich Polonius tötet und diesen als Ratte bezeichnet. Man erkennt, dass es nun keinen Weg zurück (in die Unschuld) gibt.

Zu loben ist auch die Choreographie der Darsteller, die das höfische Ambiente verkörpern, die rot-schwarz kostümierten Frauen, die bei den Auftritten des Königspaares koordinierte rituelle Bewegungen vollführen und damit einen totalitär geprägten Hof suggerieren.

Nicht vergessen darf man, die großartige Leistung des Nelson Antonio als Horatio zu würdigen, der in gewisser Weise der Counterpart des Königsmörders Claudius ist, da er als einziger in dieser korrupten Welt seelisch intakt bleibt, ein Fels in der Brandung, eine echter Freund Hamlets, der überleben kann und den Hamlet beauftragt, seine Geschichte zu erzählen, damit sein Schicksal der Nachwelt eine Mahnung sei.
Nelson Antonio wirkt wie ein professioneller Schauspieler. Wer sein komödiantisches Ingenium in den Rollen der früheren Inszenierungen erlebt hat, kann sein ungewöhnliches Talent würdigen. In den Komödien konnte er alle Facetten der komischen Darstellung ausspielen und gestalten. Hier, als Horatio, musste er schauspielerische Askese üben, den Zurückhaltenden, Ruhigen, aber keineswegs den Konformisten verkörpern, was er eindrucksvoll umgesetzt hat.

Das Sterben Hamlets war für mich das bewegendste Erlebnis: Mit welcher Zärtlichkeit Horatio den Kopf seines Freundes mit der zarten, weißen Haut in seine dunklen Hände nahm, das erinnerte an Passionsbilder aus der italienischen Renaissance.
Mein Mann und ich waren in gleicher Weise beglückt von diesem Theatererlebnis, das uns in seiner Unmittelbarkeit und Werktreue (ein heute leider verpönter Begriff) stärker angerührt hat als die meisten neueren Stücke auf den etablierten Bühnen. Wir danken Ihnen und Ihren Schauspielern dafür, und wir freuen uns auf Romeo und Julia im nächsten Jahr.

Ingeborg und Eberhard Jacobs

Nachtrag
Ihre Regie unterscheidet sich von vielen Inszenierungen der etablierten Bühnen durch die heute verpönte „Werktreue“, die genügend Spielraum für eigene Akzente und die Herausarbeitung der zeitlos gültigen Aussage bietet.